Schiffe auf der Lippe

 

(Quelle: Werner Koppe, „Die Lippewasserstraße“)

 

Der gebräuchlichste Schiffstyp an Lippe und Niederrhein war die Aak, die sich bis zum Beginn des 16. Jahrhunderts zurückverfolgen läßt. Dorsten ist der Ort, in dem sich der Aak – Typ im 18. Jahrhundert die entscheidende Entwicklung erhielt.

Die „Dorstener Aak“, ein schlankes Plattbodenschiff, das besonders auf die geringe Fahrtiefe in der Lippe ausgerichtet war, ging aus den frühzeitlichen Lippe- Aaken und der „Kölner Aak“ hervor. Über zwei Jahrhunderte war sie im 18. Und 19. Jahrhundert Ursprung vieler anderer Aak-Typen. Das aus etwa 120 bis 150 Festmetern Eichenholz gebaute Schiff fuhr auf der Lippe, dem Niederrhein, Maas, Schelde und Waal.

historischer Bauplan
historischer Bauplan

Anfänglich war der Laderaum der Aak noch offen, später wurde er mit Luken und Abdeckungen versehen. Der Rumpf war in Klinkerbauweise ausgeführt und lief im Achterschiff hoch auf.

Die „Dorstener Aak“ hatte ab 100 t Ladekapazität zwei Masten. Das bedeutet also, daß kleinere Exemplare als Einmaster gebaut wurden. Die großen Zweimaster hatten Abmessungen von ca. 39 m Länge, 5,80 Breite und eine Rumpfhöhe von 1,80 m. Markant war das große Heckruder, das von einem Rudergänger oder Steuermann auf offenem Deck bedient wurde. Da die Aak ein flachbodiges Fahrzeug ohne Kiel war, hatte sie an den Seiten große Schwerter, die für seitliche Stabilität gegen Abdrift zu sorgen hatten. Im Achterschiff befand sich vor dem zweiten, dem Besanmast, die Schifferwohnung, das sog. „Roef“.

historischer Bauplan
historischer Bauplan

Wie eine kleine Lippeaak aussah, ist uns detailliert überliefert. Sie verfügte bereits über einen abgedeckten Laderaum, der fast die gesamte Länge des Bootes einnahm. Die hölzerne Laderaumabdeckung besaß die Form einer Halbröhre mit einer heckwärts gelegenen Doppeltür. Mittschiffs befand sich der einzige Mast, innerhalb des Laderaums befestigt. Er hatte eine Doppelfunktion als Segel- und Treidelbefestigung. Die Takelage dieses Schiffes kann mit Vor- und Hecksegel nur vermutet werden. Zur Steuerung diente ein schlankes Heckruder, die stabilisierenden Seitenschwerter fehlen jedoch. Bei den geringen Abmessungen des Kahns ist es auch nicht verwunderlich, daß kein Platz für eine Schifferwohnung vorhanden war. Bei schlechter Witterung und in der Nacht fand die Besatzung wahrscheinlich im Laderaum einen kargen Unterschlupf...

Lippeschiffer
Lippeschiffer

Schifffahrt auf der Lippe


 

(Bericht von Hubert Eggenstein von 1942)

 

Die Lippe war in vergangenen Jahrhunderten ein wichtiger Schiffahrtsweg. Die Salzwerke zu Unna und Werl, die Erzgruben des Sauerlandes, der Holzreichtum der anliegenden Länder, die Kohle aus dem blühenden Dortmunder und Hörder Bergbau, die Kalksteine aus der Gegend um Dolberg gaben Veranlassung, die Lippe als Wasserstraße zu benutzen. Im Jahre 1526 passierten 225 Schiffe die Stadt Dorsten, um dort Abgaben zu entrichten. Die vielen Zollerhebungen infolge der Kleinstaaterei wirkten störend und hindernd. Von Hamm bis Wesel wurde siebenmal Zoll erhoben, so vom Fürstbistum Münster an der Rauschenburg und von Kurköln am Haus Vogelsang bei Ahsen. Als im vergangenen Jahrhundert die Franzosenherrschaft in unserer Gegend ein Ende nahm, setzten sich die Minister vom Stein und der westfälische Oberpräsident von Vinke für die Hebung des Schiffsverkehrs auf der Lippe ein, die nun ganz ein preußischer Fluss geworden war. Drei Schifffahrtsunternehmen erhielten das Recht, Güter Stromauf- und abwärts zu versenden. Eine dieser Gesellschaften hatte ihren Sitz im Haus Vogelsang. Nach der in der Tourliste festgesetzten Ordnung hatten die Schiffe die Pflicht, an den Ausladeplätze, zu denen auch Ahsen gehörte, zu halten. 1816 sorgte eine ministerielle Strom - und Uferordnung namentlich für die Verbesserung der Leinpfade. 1819 wurden Wasserbauinspektoren als Aufsichtsbeamte eingesetzt und vom König 660.000 RM für die Hebung der Lippeschifffahrt bewilligt.

In den nächstfolgenden Jahren wurden Schleusen gebaut, so die Schleuse bei Vogelsang, „Schlacht“ oder „Rolle“ genannt, so das 1829 das erste Schiff in durchgehender Fahrt von Lippstadt nach Wesel gelangen konnte. Der Schifffahrt verdankte das Lippegebiet die Entwicklung seiner Industrie. Ahsener Lippeschiffer brachten z.B. der Luisenhütte in Lünen englisches Roheisen und der Westfalenhütte in Recklinghausen die in der Lippstädter Gegend gewonnenen Rasenerze. Auch die Westfälische - Union Werke wurden mit Rücksicht auf die wichtige Lippe gerade in Hamm gegründet. Der Verkehr steigerte sich; 1850 fuhren über 100 Schiffe auf der Lippe. Aber allmählich trat ein Rückgang ein. Lähmend wirkte die unkluge Flusszollpolitik. Die Hauptursache liegt jedoch darin, dass die kleinen Lippeschiffe den Wettbewerb mit der Eisenbahn nicht aushalten konnten.

Die Köln - Mindener Eisenbahn, die 1847 eröffnet wurde, trug am Niedergang der Lippeschifffahrt die Hauptschuld, so erklären alte Lippeschiffer in Ahsen heute wehmütig. Kohle wurde schon seit 1864 nicht mehr verfrachtet. Die Leinpfade verfielen, die Lippe versandete mehr und mehr.

Der Niedergang der Lippeschifffahrt berührte besonders die Bewohner des Lippedörfchens Ahsen hart; denn viele verloren ihren Beruf, andere einen einträglichen Nebenverdienst.

Von den letzten Lippeschiffern leben heute noch drei in Ahsen: Bernhard Hölter, August Schneider und Johann Althoff. Mit Begeisterung berichten Sie gerne von ihren Fahrten, auf denen die Lippe ihnen so vertraut wurde. Was mir diese alten „Schieper“ erzählt haben, will ich in nachfolgendem niederlegen, damit es der Nachwelt erhalten bleibe.

Der älteste der Lippeschiffer ist Bernhard Hölter. Nach der Schulentlassung kam er als Schiffsjunge auf ein Schiff, das der Schermbecker Gesellschaft Prinz u. Sohn gehörte und stieg zum Schiffsführer empor. 1883 kaufte er ein Schiff von 70 Tonnen. Es war der Stolz der Ahsener, Schiffseigentümer zu sein. 1898 lenkte er zum letzten Male sein Schiff auf der Lippe, um dann den Dortmund – Ems – Kanal zu befahren. Er beförderte auf der Lippe Ziegelsteine, Dachziegel, Schleifholz (Rottannenholz) für die Papierfabriken von Klapp und Haarmann bei Bork und der Gebr. Wessels bei Vogelsang, Eichenholz für den Schiffsbau, Krummholz genannt, Grubenholz und Kalksteine. Von der Papiermühle bei Vogelsang ist heute nichts mehr zu finden. Sie wurde durch Wasserturbinen getrieben, die nur bei niedrigem Wasserstand in Tätigkeit treten konnten. Rottannenholz wurde hier für die Papiererzeugung zu „Schleifstoff“ vorgearbeitet, also nicht Papier als Fertigware hergestellt.

Schleuse Vogelsang
Schleuse Vogelsang

Es mussten auf der ganzen Lippefahrstraße 11 Schleusen durchfahren werden:

1. Die Schleuse Vogelsang,

2. Dahl bei Bork,

3. Horst bei Waltrop,

4. Beckinghausen bei Oberaden,

5. Werne,

6. Stockum bei Hamm,

7. Die Doppelschleuse Hamm mit 3 Toren und Schützen,

8. Die Schleuse Heeßen,

9. Uentrop,

10. Kessel bei Lipporg,

11. Benninghausen.

Bild einer alten Lippefähre
Bild einer alten Lippefähre

Die Fahrt endete bei Lippstadt. Früher fuhren kleine Schiffe noch 10 Km über Lippstadt hinaus bis Rebbecke. Nach dem Verfall der 12. Schleuse war das nicht mehr möglich. Die ganze Fahrstrecke betrug 182 Km. Eine Fahrt von Lippstadt nach Wesel dauerte 5 Tage. Zu Tal bildete die Strömung eine natürliche Triebkraft. Die Geschwindigkeit betrug, unterstützt durch die Zugkraft von Pferden, etwa 5 Km in der Stunde. Die Pferde, gelenkt von dem Pferdeknecht, benutzten den Leinpfad, der von Wesel bis Lippramsdorf auf dem linken, von da bis Haltern auf dem rechten, von Haltern bis zur Rauschenburg auf dem linken, von hier bis Heeßen auf dem rechten und nun bis Lippstadt auf dem linken Lippeufer angelegt war. Bei Heeßen, Lippramsdorf und an der Rauschenburg gab es große Fähren, auch war bei Ahsen eine größere Fähre. Als Fährmann war hier Hermann Wiegmann tätig.

Lippe bei Schloss Vogelsang / Ahsen
Lippe bei Schloss Vogelsang / Ahsen

Das Befahren der Lippe erforderte mancherlei fahrtechnische Kenntnisse und Fähigkeiten. Gefürchtet war das Festfahren auf Sand, das bei unzureichender Kenntnis der Fahrrinne leicht möglich war. An besonders gefährlichen Stellen wurde einem Lotsen die Lenkung des Schiffes übertragen. Große Vorsicht verlangte auch das Überwinden der Stromschnellen mit ihrer stärkeren Strömung, z.B. der Bapensteine bei Herverst und einer Stelle zwischen Dorsten und Gahlen. Bei einer Fahrt zu Berg musste an diesen Stellen „gescherrt“ werden. Es wurde eine Rolle hergestellt, in dem ein Seil voraus am Ufer befestigt, um eine Rolle am Bug des Schiffes gelegt und am freien Ende des Seiles das Pferdegespann eingehängt wurde. Dadurch wurde die Zugleistung der Pferde verdoppelt. Mitunter musste auch „doppelt gescherrt“ werden.

Starker Gegenwind wirkte namentlich bei Leergang sehr hemmend und wurde, wenn vermehrte Pferdekraft nicht ausreichte, durch Scheren überwunden. Kleinere Schiffe bis zu 70 Tonnen waren mit 4 Mann, größere, 140 – 170 Tonnen, mit 6 Mann besetzt. Das größte Schiff ist ein 330 Tonner gewesen, das 93000 Ziegelsteine fasste. Als Vorspann verlangte es 23 Pferde. Bei der ersten Fahrt ist es bei Krudenburg durchgebrochen und gesunken. Nachdem es ausgeladen und gehoben war, wurde es in einer Dorstener Schiffswerft repariert. Das ist Anfang der 60 ziger Jahre geschehen.

In sehr trockenen Sommern lag die Schifffahrt lahm.

Jedes Schiff trug eine Flagge aus rotem Tuch mit dem Namen des Schiffseigentümers. Bei Ahsen wurde an der Bleiche und im Schultengrund geankert. Ausladestellen für Ahsen waren die Bleiche und für Klostern am Wulfenhof.

Der Schiffsführer hieß Schieperbas, seine Gehilfen waren die Schiffsknechte.

Die Verpflegung wurde, so weit dieses möglich war, von Hause mitgenommen. Die Arbeit auf dem Wasser verlangte „Vorbeugungsmaßnahmen“ namentlich gegen Erkältungen. Darum wurde auch gern Schnaps als Medizin eingenommen. Es gab unterwegs an der Lippe manche „stille Kneipe“. Peitschenknallen zeigte dem Wirt im „Nebenberuf“ das Nahen eines Lippeschiffes an, der sich dann zur Stärkung der Schiffer an das Ufer begab. Auch brachte er Brot für die Pferde mit.

Beim Aufbruch frühmorgens knallte der Pferdeknecht dreimal mit der Peitsche; dann hielt jeder eine kurze Morgenandacht, und los ging die Fahrt. An den Stellen, an denen ein Kamerad ertrunken war, entbot der Pferdeknecht durch dreimaliges Peitschenknallen den Totengruß. Die Schiffsbesatzung entblößte das Haupt und gedachte des Toten. Die Ahsener Schiffer waren gute Schwimmer. Nur einer von ihnen fiel, soweit bekannt, der mancherorts tückischen Lippe zum Opfer.

Anderseits haben die Ahsener viele aus der Lippe gerettet oder, wenn sie zu spät kamen, die Leichen geborgen. August Schneider holte 36 Leichen aus dem Wasser und brachte ein Mädchen aus Lünen lebendig ans Land.

In strengen Wintern fror die Lippe zu. Dann hörte die Schifffahrt auf. Ein Mann musste ständig auf dem Schiff bleiben. Die stille Zeit wurde zum Ausbessern der Fahrzeuge benutzt. Nachdem die Ahsener ihr Schiff an der Bleiche angelegt hatten, wurde es auf langen Bäumen mit Seilen aus dem Wasser gewunden. Schiffszimmerleute von den Werften in Dorsten führten die Instandsetzungsarbeiten aus. Die Werftleute bedurften bei der Arbeit manchen Glases Schnaps, weshalb sie hier Schnapshusaren genannt wurden. Es waren herbe und lustige Gesellen.

Bei plötzlich auf der Fahrt entstehenden Schäden wussten sich die Schiffer selbst zu helfen. Bei Lippstadt an der alten Artilleriekaserne sei, so erzählten die alten Schiffer, bei niedrigem Wasserstand das Schiff auf einen Pfahl gelaufen; dieser habe sich durch den Schiffsboden gedrückt, und bald habe das Wasser 1 Meter tief im Schiff gestanden. Da habe man schleunigst eine Seite Speck gekauft, diese auf das Loch gelegt, ein hartes Brett darauf und mit Dümpeln festgedrückt. So sei der Schaden behoben worden. Noch drei Monate sei man mit dem Schiff gefahren bis zur endgültigen Wiederherstellung.

Am Gehfürchtesten war die Fahrt über den Hammer Kolk, wo manches Schiff bei unkundiger Führung kenterte.

Das Ein- und Ausladen der Schiffe besorgten die Schiffer selbst, nötigenfalls wurden Hilfskräfte genommen.

Der Schiffsführer verdiente am Tage 2,50 Mark, der Schiffsknecht etwa 2,20 Mark. Im Rechnungsbuch wurden Einnahmen und Ausgaben für jede Fahrt verzeichnet. Ein solches, das am 15.2.1867 begonnen wurde, berichtet über die Fahrten des Schiffers Joseph Beckmann. Es finden sich Angaben über Zollabkommen in Hamm und Dorsten, Kettengeld in Ahsen und an der Rauschenburg, Taugeld in Ostendorf. Das Kettengeld – die Lippe wurde durch eine Kette gesperrt, die nach Zahlung des Kettengeldes auf den Grund des Flusses gesenkt wurde – betrug in Ahsen 3, an der Rauschenburg 7 Silbergroschen. Die Zölle waren recht hoch; man findet Angaben für Hamm: 3 Thaler, 15 Silbergroschen 7 Pfg., für Dorsten 5 Thaler, 7 Silbergroschen 9 Pfg.

Bei der Durchfahrt durch die Schleusen bedurfte man der Hilfe der Schleusenknechte, besonders wenn die Schützen gezogen wurden mussten, um Nachwasser zu erhalten. Es herrschte gute Kameradschaft; die Schiffer waren auch nicht „knickerig“. An Pferdelohn wurden z. B. am 17.3.1867 für die Fahrt von Dorsten nach Ahsen 11 Th. 5 S. gezahlt. Die Pferdehalter wohnten in der Nähe der Lippe und stellten ihre Pferde für die ihnen zugewiesene Strecke. Hierorts hielten Bomholt, Beckmann und Breuckmann Leinpferde. Der Pferdeknecht erhielt sein Abspanngeld. Im Bedarfsfalle halfen auch Bauern durch Gestellen von Gespannen aus.

Nicht unerwähnt soll das Porzellanschiff bleiben, das von der Mosel kam und Lorelen hieß. Es erschien jedes Jahr und brachte Haushaltungsgegenstände vor allem aus Porzellan. Der Besitzer brachte seine Waren in Ahsen und Umgebung durch Hausieren an den Mann. Den Rest übernahm Christoph Wiegemann aus Ahsen.

Bei niedrigem Wasserstand übten die Lippeschiffer die Holzflößerei aus. Die Flöße, die oberhalb Hamm gebaut wurden, maßen 25x5 m, von Hamm abwärts, weil hier größere Schleusen vorhanden waren, 35x7 m. Das Floß wurde mit Stangen und dem Steuer, „Lapp“ oder auch „Striel“ genannt, gelenkt. Es kam vor allem darauf an, die zahlreichen Kurven herauszudrücken, sonst saß man fest. Das Flößen dauerte von Lippstadt nach Wesel etwa 8 Tage bei einer täglichen Fahrzeit von morgens bis abends 8 Uhr. Von Wesel gingen die Schiffer, als die Eisenbahn noch nicht fuhr, zu Fuß zurück, gar nach Lippstadt.

Schiffsbesitzer waren in Ahsen Wilhelm Schneider (Welbhoff) und seine Söhne Johann und Heinrich, die drei Schiffe besaßen, die Schiffe hießen Germania (30 t ), Luna und Johanna ( 70 t oder 22000 Ziegelsteine). Breuckmann besaß zwei Schiffe, das letzte wurde in Leven versenkt. Beckmann gehörte ein Schiff. Bekannte Schiffer waren Begiebing, Fehrmann, Hölscher, Feldhaus, Böcker, Ernst Killaken, Asbeck, Wulfrath und Stucke. Doch fast jeder Ahsener Bürger fuhr als Schiffs- oder Floßknecht jährlich manche Tour auf der Lippe. Einige Schiffer erwarben auch von der Regierung in Köln das Rheinschifferpatent, das sie zur Führung eines Segelschiffes auf dem Rhein von Mainz bis Rotterdam ermächtigte. So der Schiffer Heinrich Begiebing laut mir vorliegendem Patent vom 16.04.1877.

Zur Beseitigung der Versandungsgefahr stellte die Lippeverwaltung mehrere Bagger ein. Ein alter Baggermeister ist August Schneider.

Vom Unternehmungsgeist der Ahsener zeugt der Bau von Ziegeleien im Schultengrund und Im Winkel 1895. Infolge Unzuverlässigkeit des Ziegelmeisters konnten sie sich nur etwa 5 Jahre halten.

An größeren Aufträgen wurden ausgeführt: Das Fahren des gefällten Holzes aus der Gerne nach der Lippe in Leven, das Verladen auf das Schiff und die Fahrt nach Haltern. Heinrich Schneider fuhr das gefällte Holz aus Eversum, wo ausgedehnte, 50 Jahre alte Bestände geschlagen worden waren. Hölter holte sämtliche Steine für den Bau der Hullerner Kirche von der Ziegelei an der Rauschenburg. Andere beförderten die Steine von der Ridderschen Ziegelei bei Wesel nach dem Brückenbau an der Rauschenburg 1874. Auch brachte der Bau des alten Amtshauses in Datteln den Ahsenern Schiffern lohnende Aufträge. An Sonntagen wurden gern die Schiffe Vereinen zu Ausflügen zur Verfügung gestellt. Überhaupt ging es Sonntags „an Land“ lustig zu.

An einem Sonntag in den siebziger Jahren lagen auf der Lippe bei Ahsen 45 Schiffe und etwa 70 Flöße. Abends war Tanz in den kleinen, überfüllten Wirtschaften. Dabei ging es heiter zu: es wurde getrunken und „sich dabei manchmal gehauen, aber feste“.

Überhaupt nahm die Ahsener Bevölkerung an der Schiffahrt auf ihrer Lippe regen Anteil. Knallte von weitem die Peitsche, so liefen alle, voran die Jungen und Mädel, um die Schiffsmannschaft zu begrüßen.

Jetzt ist es still auf der Lippe geworden; denn seit der Jahrhundertwende gibt es keine Lippeschiffe mehr. An der anderen, westlichen Seite von Ahsen, zieht der Lippeseitenkanal durch das Land und übernimmt die Aufgaben, die die Lippe jahrhundertelang im Dienste der deutschen Binnenschifffahrt erfüllt hat.